Ende Januar 2074 war es zu einem grässlichen Dreifachmord im Custers gekommen, unserem stadtbekanntem und beliebten Billiardlokal, das auch außerhalb unserer Stadt große Bekanntheit genießt.
Unvergessen sind die Trauerzüge und die Solidaritätsbekundungen unserer Bürgerinnen und Bürger, die auch von Farbigen und Metamutanten breit getragen wurden.
Die Schuldlage konnte damals zweifelsfrei geklärt werden. Der in Bossier als „Brücken-Troll“ bekannte Henry B., der am verlassenen Autohof zur Interstate seine Höhle in den Schrottbergen bewohnte, gab die Gewalttat zu.
Metamutanten hatten damals zu massiven Protesten gegen Henry B.s Verurteilung und Schuldfähigkeit aufgerufen, trotz klarer und schlüssiger Beweislage. Immer wieder war es zu unerlaubten Aufzügen und auch Anschlägen gegen Polizeibeamte und andere Stadtbedienstete gekommen.
Die Lage spitzte sich bis in den April zu, als unser geehrter Bürgermeister Knight Errant Sonderkräfte mit einem Budget von 2.8 Millionen Nuyen bewilligt, um der anhaltenden Demonstrationen und Gesetzesverstöße in selbstgerechter Standtschaft für den internierten Henry B. entgegenzuwirken.
Es zog wieder Frieden ein in Bossier City.
Heute Morgen haben Mutanten-Reverend Barris und Bürgermeister Whitechapel überraschend bekanntgegeben, dass der Dreifachmord neu aufgerollt wird. Henry B. wurde unverzüglich auf freien Fuß gesetzt und erhielt einen Schadensersatz von 439.200 Nuyen – 2.400 Nuyen für jeden abgeleisteten Hafttag.
Sprecher der Mutantenbewegungen gaben bekannt, dass einer der an den Ermittlungen beteiligten Polizisten eine neue Aussage zu Protokoll gegeben hat. Der schwarze Mann, dessen Namen bisher nicht bekanntgegeben wurde, hat der Staatsanwaltschaft zufolge angegeben, dass er sich im Verlaufe der Ermittlungen gegen Henry B. unter Druck gesetzt fühlte und deshalb Falschaussagen zu Protokoll gab. Die Fehlverurteilung von Henry B. konnte er mit seinem Gewissen jedoch nicht länger vereinbaren.
Weiterhin seien die drei Mordopfer Anstifter eines Streits gewesen, bei dem es um rassistische Beleidigungen gegangen sein soll. Die Todesfolgen seien aus Selbstverteidigung hervorgegangen. Doch wer wurde beleidigt, wer hat sich verteidigt?
Diese überraschende Wendung wirft Fragen auf. Man wird genaustens prüfen müssen, wie wahr die plötzlichen Neuaussagen des schwarzen Polizisten sind. Er wird sich sicherlich wegen Justizbehinderung und Falschaussage disziplinarisch zu verantworten haben. Wenn da etwas dran ist – und immerhin ist Henry B. bereits wieder auf freiem Fuß – wird man auch fragen müssen, wieso es zu solch einem Versagen des Justizapparates kommen konnte. Waren wir zu schnell, zu leichtgläubig?
Troll Henry B. ist nun wieder auf freiem Fuß und hat den Schadensersatz der Mutantenbewegung gespendet. Es soll als Vorfinanzierung für eine unabhängige Untersuchung des Dreifachmordes dienen, geleitet von der Bundesbehörde und einem Ermittlerteam von Knight Errant aus Denver, CO.
Henry B. ist auf den Autohof zurückgekehrt. Schaut vorbei Leute, und legt ein paar Spenden am Tor ab, wenn ihr es entbehren könnt! Er hat es nicht leicht und wir sollten fair sein und anerkennen, dass er auch unschuldig sein kann, obwohl er ein Troll ist!
Schaut zweimal hin, glaubt nicht alles beim ersten hören. Und zeigt unseren Kindern und Gästen, dass wir besser sind als das. Unser Bürgermeister braucht uns jetzt ganz besonders. Wenn die Sonderermittler und Justizaufsicht kommen, sollen sie das saubere und faire Bossier sehen, das wir uns alle so wünschen.
Bossier Daily, 2074-08-28