Der Canyon aus Feuer

Mit enormer Geschwindigkeit hatte die SFG 77 den Übergang von der Transportplattform am Bunkerberg bis zum mutmaßlichen Aufenthaltsort der Atra genommen. Oder war es die Zeitwahrnehmung gewesen, die einen Streich gespielt hatte?

Wenn sich die Geschwindigkeit des Übergangs aus der Qualität und Intensität der Anker erklären ließe, dann musste das Band zu Atra ziemlich stark sein. Während Zoé erklärtermaßen als Anker galt (wie ein Rantanplan) und auch der Captain immerhin die Keilschriftzeichen dieser Kreatur in seinen Unterarm geschnitten hatte kam letztlich vielleicht auch die Gunst der Stunde hinzu. Das Feenwesen Zadawar hatte das Band der Gruppe zum „Canyon aus Feuer“ immerhin deutlich gesehen. Hatte das Wesen auch den Übergang begünstigen können? Immerhin sprachen alle immer von deren Einheit mit dem Land.

Zoés Drohne konnte aus dem gewundenen, natürlichen Tunnel, dem sie alle gefolgt waren, durch einen Spalt entkommen und einen ersten Blick erheischen. Am auffälligsten war die schroffe, felsige und gebirgige Landschaft, von Schnee bedeckt. Darin eingebettet, wie ein schmissiger Schnitt, eine markante Wärmequelle: ein Canyon aus Feuer.

Von der Blickrichtung der SFG – von Süd nach Nord – kann man technische, menschengemachte Aufbauten neueren und älteren Datums deutlich ausmachen. Sie säumen die südliche Bruchkannte des Canyons. Es gibt zudem künstliches Licht an den Anlagen. Manches grell und kalt, anderes wärmer. Hier wird gearbeitet. Doch was genau, vermag man nur zu erahnen. Immerhin war von einer „Weltenschmiede“ die Rede gewesen. Eine Experimentalstation, die dem Lung als Labor dienen solle. Es soll um arkane Elemente und deren Reaktionen gehen. Etusan III kam in die Erinnerung. Und die Legierungen der „Silent Company“, wie man die Grenzgänger der Agooji im Dschungel Dahomeys genannt hatte.

Die hochmodernen Bereiche der Anlage heben sich deutlich, auch aus der Ferne, von älteren, eher administrativen oder mechanischen Teilen ab. Hier wird mit elektrischen Feldern gearbeitet, Hochspannung scheint zugegen und einiges wirkt brisant und zerbrechlich. Ohne genauere Untersuchung oder technische Expertise lässt sich nur spekulieren. Ein Gutteil der Anlage könnte zudem unterirdisch sein. Eine Vermutung, die sich Positive aufgrund seiner Kenntnisse im Bereich chemischer Verfahrenstechnik erlaubt.

Andere Teile sind offenkundig weniger hochmodern. Dort sieht man auch die meiste Bewegung. Fahrzeuge, Menschen, Bodendrohnen. Zoés Drohne kann ohne größere Risiken ausmachen, dass es einen medizinischen Trakt gibt. Der ist entsprechend gekennzeichnet. Und es gibt Unterkünfte.

Alle Gebäudeteile besitzen nur wenige Kennzeichnungen oder Hinweisschilder, diese sind aber ausschließlich auf vereinfachtem Mandarin gehalten.

Sicherheitstechnisch ist eines offenkundig: Drohnen spielen hier eine Rolle, und auch Sensoren.

Diese Sensormasten, von denen es mindestens vier gibt, sind aktive Radare, aber ihre hochmoderne Technik wird sicherlich noch andere Funktionen beherbergen. Hier fehlt es an Informationen.

Kleine, effiziente Rotordrohnen flitzen über Anlage und Canyon in größerer Zahl umher. Sie verwenden aktive Positionsleuchten und scheinen neben der Überwachung vielleicht auch anderen Zwecken zu dienen. Transport, Kommunikation oder was auch immer. Es befinden sich locker zehn oder zwölf gleichzeitig in der Luft. Manchmal mehr. Sie sind gut erkennbar.

Auffällig ist, dass die gesamte Szenerie die Sensorik von Zoés Drohne stark herausfordert. Das mag am Erwachten Yakut liegen, am Canyon aus Feuer, aus Störsendern oder sich überlagernden Signalen. Schwer zu sagen. Aber es ist ein Signaldickicht.

Nicht zuletzt gibt es auch bekannte Gesichter. Während Arbeiter und Personal, von denen man etwa ein Dutzend bisher beobachtet hat, sich wenig vom Grau, Schwarz und Weiß der Gebäude und Umgebung abheben, stechen Soldaten in Schwarz, Gold und Silber hervor. Manchmal begleitet von Bodendrohnen oder trainierten Hunden. Deren Körperpanzerung wurde bereits gesehen. In London, unter den Agooji, und nicht zuletzt erinnerte auch einiges bei einer Konfrontation in Beijing entfernt an diese Art Ausrüstung.

Ein Blick in den Canyon ist von der aktuellen Position verwehrt. Auf der Norseite scheint es auch Anlagen zu geben, jedoch deutlich weniger.

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