Verhöre und Auswertungen

Die beiden Operationen Himba und Sommerregen hatten nicht nur eine Fülle an Daten für die Aufklärungsabteilung der Task Force Tradestop geliefert, sondern auch zwei Gefangene.

Der eine, Esun, hatte sich als Schlangenschamane im Dienst der Agooji entpuppt. Er wurde in Alt-Folonara von Zoés Doberman-Drone niedergeschossen, als er sich mit Positive ein Duell liefern wollte. Der andere, Noyan, wurde in der Villa des Zweigstellenleiters von DeBeers Omnitech Nigeria IV überwältigt. Offenkundig folgt auch er einer schamanistischen Tradition, die insbesondere durch die Vermischung von Eis und Feuer im Feld aufgefallen war.

Die technische Auswertung von Operation Sommerregen hatte einen umfangreichenh Katalog mit Personendaten zutage gebracht. Es war ein Durchlaufregister für mehrere Jage Verschleppung und Sklavenhandel über eine Route, die man in der Task Force Tradestop nun als die Folonara-Volgograd-Route bezeichnet. Hier liegen nun Namen, Bildmaterial und auch manche biometrischen Daten zu den Opfern vor. Darunter auch der Eintrag zu Andrea Purgess (alias Lena Mason). Mike Goodfewllow hatte dieses Detail an Zoé geleakt, zusammen mit dem Hinweis, dass Lena am 1. November 2073 vor Alt-Folonara auf ein Schiff der Greek F-Line namens Epheseus verladen worden war. Zielhafen dieses Schiffes war Volgograd gewesen. Diesen Weg durch den Bosporus hatten viele Verschleppte angetreten.

Die technische Auswertung von Operation Himba war magerer für die Task Force ausgefallen. Zwar reichten die Informationen, um eine Klage und einen Enteignungsprozess gegen DeBeers Omnitech anzustrengen, aber über die Frage des Menschenhandels gab es keine deutlichen Spuren. Hier waren der Gefangene Esun und die befreite Himba Auna wesentlich bessere Quellen.

Zu dem verstorbenen Ethan McFarlow indes, an dem Positive natürlich ein besonderes Interesse hatte, konnte zumindest herausgefunden werden, dass er als Vermittler zwischen DeBeers und dem seltsamen Schamanen Noyan aufgetreten war. Hierbei ging es wohl um einen Abkauf von Himba, doch die Daten sind dünn. Deutlicher wird, dass Ethan McFarlow allerdings nach Negatives Verschwinden nach Afrika 2068 einen Patent-Coup begangen hatte und viele Erkenntnisse aus der gemeinsamen Arbeit mit Negative für eine neue Unternehmensgründung genutzt hatte. Man könnte von Patentraub an Negative sprechen. Das wirft weitere Fragen auf. Doch inwieweit McFarlow in Negatives Schicksal während seiner zwei „dunklen Jahre“ verwickelt gewesen war, hat er mit ins Grab genommen.

Was man Ethan McFarlow mittlerweile jedoch vorhalten kann ist, dass er sowohl Technologie als auch Menschen in das Erwachte Yakut hat schmuggeln lassen (siehe Aussagen von Noyan weiter unten). Die Patente zur Prospektion von erwachtem Mineral (v.a. Orichalkum) hat McFarlow mit Sicherheit in den Minen von Nigeria zu geld gemacht. Möglicherweise aber auch durch einen Verkauf an unbekannte Abnehmer im Gebiet des Erwachten Yakut.

Esun

Esun

Der gefangene Esun aus der Operation Sommerregen ist ein stämmiger Schwarzafrikaner, nach eigenen Auskünften aus Sierra Leone stammend. Er ist ein Schamane eines Schlangen-Totems und er muss als Mitglied der Agooji angesehen werden. Es ist das erste Mal, dass AIM ein Mitglied der Agooji lebend gefangen nehmen konnte.

Esun hat bisher eingestanden, für die Agooji den Schwarzmarkthandel mit der arkanen Droge „Ghost“ zu unterstützen. Hierzu werden Pflanzen aus dem erwachten Dschungel illegal ausgeführt. Er inszeniert sich als kleiner Aufseher für die Interessen der Agooji vor Ort, also in Süditalien. Dort ist ein wesentlicher Umschlagplatz für Drogen nach Europa.

Über Menschenhandel hat Esun bisher nichts verlauten lassen. Er wies darauf hin, dass „die Italiener und Russen in Alt-Folonara Menschen verschicken“, aber von den genauen Hintergründen, will er nichts wissen.

Befragt auf die Umstände seiner Gefangennahme hat er emotional reagiert. Scheinbar hatte er die Absicht gefasst aus Alt-Folonara zu fliehen, als die SFG 77 die Ortschaft in Begriff war einzunehmen. Dann habe er jedoch die Präsenz eines Andikan-Geistes bemerkt und kurz darauf SSG Boucard erkannt. Das habe ihn dazu veranlasst, ihn zu einem Duell herausfordern zu wollen. Das habe sich als töricht herausgestellt, aber in der Situation erschien es ihm sinnvoll und unumgänglich.

Die Verhöre verliefen sehr zäh. Wir vermuten, dass er viel mehr berichten könnte, doch es fällt schwer die richtigen Fragen zu stellen. Er scheint resistent gegen einfache Verhörtaktiken.

Noyan

Noyan

Noyan ist ein Mann Mitte Dreißig und mit scheinbar asiatischen, chinesischen oder mongolischen, Wurzeln. Er wird als Schamane klassifiziert, wobei sein Totem unklar ist. Aus den Einsatzberichten zu Operation Himba ist anzunehmen, dass er Elemente als Totem verehrt oder aber in der Lage ist, elementare Kräfte ähnlich wie ein Hermetiker zu binden.

Noyan gibt an, ein „Gesandter aus dem Erwachten Großkönigreich Yakut“ zu sein. Diese Behauptung verbindet er mit der Forderung umgehend freigelassen zu werden. Er erkennt seine Lage als Gefangener nicht an und akzeptiert auch niemanden von AIM oder Nigeria als Verhandlungspartner auf Augenhöhe.

Sofern seine Behauptung stimmt, ist davon auszugehen, dass die wirren Reden über ein Königreich in Yakut ihren Ursprung in einer psychischen Störung haben, die immer wieder von Personen aus Yakutien beobachtet wurden. Seine Berichte sind widersprüchlich und gespickt von unzusammenhängenden, mythologischen Bildern.

Als Erklärung für seine Anwesenheit in Nigeria hat er mehrmals in verschiedenen Varianten geschildert, dass er Menschen kaufen will. Der Zweck ist unklar, aber scheinbar wollte er gefangene Himba abkaufen und nach Yakut bringen. Die Aussagen scheinen ins Bild zu passen, irgendwie, aber als Zeuge ist Noyan keinesfalls belastbar. Ethan McFarlow hätte hier sicher bessere Aussagen geben können, denn scheinbar hat dieser die Verbindung und Anreise für Noyan nach Nigeria organisiert. Noyan hat jedenfalls mehrfach erwähnt, dass McFarlow ein verlässlicher Schieber für Menschen in das Erwachte Yakut gewesen sein soll. Zudem habe er „technologische Wunderwerke“ in „unser Land“ gebracht.

Auna

Auna

Die im Zuge der Operation Himba aus der DeBeer-Villa befreite Auna ist genetisch gesehen eine Himba und auch in der erwachten Namib halb-traditionell aufgewachsen. Zum Zeitpunkt ihrer Verschleppung nach Nigeria war sie vierzehn Jahre alt. Sie spricht gutes Englisch sowie einen Dialekt der Himba, der nur noch von kleinen Volksgruppen gesprochen wird. Unter anderem von ihrem Clan der in der Tagebaumine Nigeria IV gefangen gehalten wird.

Auna ist kooperativ und hat in ausführlichen Interviews geschildert, wie die gefangenen Himba „gezwungen“ werden, Rituale zur Besänftigung des Landes durchzuführen. Dabei scheint Auna den „Zwang“ der gefangenschaft zwar zu sehen und zu spüren, aber sie sagt auch, dass ihr Clan bereitwillig in der Mine bleibt und diese Rituale des Landes vollführt. Sie scheinen zu glauben, dass die Tagebaumine sich ansonsten in eine sehr große Gefahr für Land und Leben verwandeln würde. Daher auch Aunas Aussage, dass sie die Misshandlung und Gefangenschaft ihres Clans zwar beendet sehen will, sie wäre aber gleichzeitig auch bereit zurückzukehren und ihr Leben auf dem Felsplateau inmitten der Mine weiter fortzuführen.

Die politische Lage sieht dahingehend erfolgsversprechend aus. Mercenary Inc. wird allem Anschein nach den Auftraggeber schlicht wechseln und die Mine wird nun unter nigerianischer Flagge weiter betrieben werden. Allerdings wird sich die Lage der Himba deutlich verbessern. Insbesondere dann, wenn sie tatsächlich bereit sind, dort weiterhin zu bleiben und das „Land zu besänftigen“. Hier ist noch keine abschließende Entscheidung gefallen.

3 Gedanken zu „Verhöre und Auswertungen“

  1. Offizielle Anfrage an MAJ Uzun – edit:

    Bezüglich der Personalie McFarlow habe ich noch einige Fragen. Sein Ableben in unter den gegebenen Umständen war bedauerlich.
    Ist die Auswertung der erlangten Unterlagen bereits erfolgt? Seine geschäftlichen Umtriebe aufzuklären scheint mir interessant. Dazu zählen insbesondere Daten zum Aufenthaltsort der vergangenen Jahre, Kontaktpersonen und Geschäftspartner und finanzielle Vorgänge aller Art.
    Mit diesen Informationen plane ich, wenn möglich mit Unterstützung der SFG 77, die nicht nur Finger um Abzüge krümmen kann, diese Spur zu verfolgen. Vermutlich wird eine Rückkehr in die CAS bzw. nach Kanada dabei unumgänglich. Mir erscheint es sinnvoll, Befragungen von Kontaktpersonen durchzuführen. Gibt es außerdem Angehörige?

    Darüber hinaus erbitte ich eine rechtliche Einschätzung in den angedeuteten Patentrechtsfragen. Gibt es Informationen über Ursprung und Verwendung des Patents?

    Viele Grüße
    SSG Boucard

  2. Sergeant Boucard,

    tatsächlich bin ich mir gar nicht so im Klaren darüber, wie ihre Verbindung da nun genau aussieht. Da man vorsichtig mit der Zuschreibung von Identitäten sein soll und ich Ihnen Ihre Lage auch nicht verkomplizieren will, interpretiere ich Ihre Anfrage so, dass Sie mehr wissen möchten über den verschiedenen McFarlow.

    Tatsächlich war sein Laptop und die Spur des McFarlow ganz ausschlaggebend für die Fortschritte, auch in Vorbereitung auf Volgograd und Operation Vodka.

    McFarlow hat scheinbar 2069 einen Patenraub begangen, indem er einen ehemaligen Geschäftspartner namens Jérome Mwedihanga vorsätzlich aus dem Geschäft gedrängt hat. Das gelang ihm mit fingierten Angriffen und rechtlichen Schritten. Scheinbar wurde eine tragische Fehlfunktion des patentierten Produkts lanciert. Das geschah in enger Absprache mit DeBeers. DeBeers hat McFarlow, das ist auf dem Laptop tatsächlich rekonstruierbar, den Auftrag erteilt, das Patent an sich zu reißen. Ab diesem Moment verschwindet McFarlow zunehmend hinter kleineren Scheinfirmen.

    Worum es bei dem Patent genau ging, wird erst langsam klar. Scheinbar bildete das Patent die Grundlage für weitere Forschung, mit der McFarlow in der Lage war, erwachte chemische Elemente und Lagerstätten zu prospektieren. Das Verfahren der Anomaliedetektion im Patenraub war wohl ausschlaggebend. Er hat in Dahomey insbesondere mit der Lagerstättenmarkierung für den Orichalkum-Abbau dutzende Millionen verdient.

    Die Daten-Forensik hat Hinweise gefunden, dass McFarlow 2069 DeBeers in Afrika beauftragt hat, seinen ehemaligen Firmenpartner auszuschalten.

    McFarlows Verstrickung in den aktuellen Menschenhandel ist unklarer. Scheinbar hat er mit der Zeit immer besser gelernt, seine Spuren zu verwischen. Alles deutet aber darauf hin, dass er an einem Geschäft im Erwachten Yakut involviert war. Wenn sie wissen wollen, was mit dem Patenraub letztlich alles angerichtet wurde, sollten sie der Spur der SFG 77 weiter folgen. Mir scheint es, als liege dort auch die Antwort auf diese Frage.

    Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen weiter. Bitte behandeln Sie diese Sache vertraulich und ausschließlich zu dienstlichen Zwecken.

    MAJ Uzun

  3. Verschlüsselte PN an Katsuo:

    Es ist Zeit, hier reinen Tisch zu machen!
    Ich hätte zwar nicht gedacht, dass das tatsächlich relevant ist, besonders für die Geschehnisse der letzten Monate – aber so kann man sich täuschen.
    Jedenfalls denke ich, dass es dir und mir hiermit einfacher ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das ich einmal mehr das Private mit dem Beruflichen vereinbaren muß, kann ich ja schon fast als Gewohnheit bezeichnen. Generell ist diese Trennung für mich kaum noch relevant, was mein Mitwirken in der SFG auf ganz andere Beine stellt. Aber das nur nebenbei.

    Der gute McFarlow war also in Wirklichkeit einer der Gründe, warum ich damals ´45/46 untertauchen musste. Hätte ich vielleicht auch drauf kommen können, dass er, wie es jetzt scheint, unsere gut laufende Firma für seine Zwecke über die Klinge springen lässt, aber sowas lässt sich im Nachhinein leicht sagen. Ich kann nur froh sein, dass mir die Idola das Los gewähren, diese Umstände zu erkennen und auch noch zu handeln.
    Einen Gutteil der technischen Inhalte des Patents stammen aus meiner Feder. Das ist Fakt; aber den Nachweis zu führen und hier sowas wie Recht und Geld zu bekommen ist mir viel weniger wichtig als zu wissen, wie er meinen Weg damit beeinflußt und viel Unrecht er mit meinen Ideen in die Welt gebracht hat. Das ist auch der Punkt, der mich richtig wütend werden lässt – was mir vor 3 Jahren und mit anderem MindSet nicht passiert wäre. Nein, keine Sorge, um meine Professionalität mußt du dir keine Sorgen machen. Aber ich kann Dir versichern, dass ich mich jetzt auch ohne Zögern nach Volgograd und meinetwegen auch nach Sibirien aufmache.

    Positive

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