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Ein kleines Geschenk

Während Zoe am Privatjet schraubt, fragt sie immer wieder Hénora, ob sie ihr Gesellschaft leisten möchte. Es muss hier schon arg langweilig für sie sein und sicher auch beängstigend, immer nur im Versteck oder auf der Flucht zu sein. 

„Schau mal, was ich für dich gemacht hab“. Zoe hält ihr eine Drohne hin, die aussieht wie ein kleiner Vogel und bequem in einer Kinderhand Platz hat. „Sie kann Musik spielen, zusammen mit dir singen und dir Geschichten erzählen. Ich hoffe, du hast Freude daran.“ Als Hénora das Geschenk mit leuchtenden Augen in Empfang nimmt, wird sie von dem kleinen Vogel mit einer sehr bekannten Stimme begrüßt, die ganz schön ähnlich, wie die von Zoe klingt.

Sandorakel

Zoe meldet sich sofort, als der Captain einen Ausflug zum Sandorakel vorschlägt. Sie macht sich Gedanken darüber, was sie dort erwarten wird. Und welche Fragen sie mitbringen möchte.

Wenn es ihr gelingt, dort Kontakt mit Atra aufzunehmen, will sie um etwas bitten. Um die Erlaubnis, der SFG – Ihrer Familie – mehr darüber zu erzählen, was Atras Anliegen Zoe gegenüber ist. Es darf keine Geheimnisse geben um Atra und auch die aktuelle Form von Brick retten zu können. Zoe sieht darin auch kein Problem, mit den anderen das zu teilen, was Atra von ihr verlangt hat, weiß aber nicht wie sie das sieht und fürchtet Konsequenzen es ungefragt zu tun.

Sie wünscht sich ein Signal in die richtige Richtung, die es einzuschlagen gilt. Für Zoe ist das ganz klar Jakutien und ein Rettungsversuch. Doch sie braucht Hilfe, damit das die ganze Gruppe auch so sehen kann. Und wenn Zoe das verbindende Element zwischen allem sein soll wie Atra es sieht, dann braucht sie hier etwas Hilfe, wie sie das in die Handlung umsetzen kann. Zumal es da ja auch immer noch Miru gibt…

Szenen einer „Ehe“.

Am Vorabend. Es war spät geworden, endlich hatte man wieder in großer Runde zusammengesessen. Es wurde vereinbart, am nächsten Morgen aufzubrechen, in Richtung Nordwest, zumindest der Captain war wild entschlossen. Schließlich zog sich jeder in seinen Ecke der Villa zurück – nicht ohne den Kameras in Lances Zimmer einen letzten Kontrollblick zu schenken. Doch weiterhin verhielt sich die Gefangene kooperativ.

So erreichte Positive nach seiner Frau den gemeinsamen Bereich. Wie üblich bereitete man sich in getrennten Badezimmern für die Nacht, doch die Betten waren längst ins selbe Zimmer gerückt worden. Es war zur Routine geworden, zusammen im Sinne und unter dem wachen Auge der gemeinsamen Idola im Rahmen einer kleinen Zeremonie die Geschehnisse der vergangenen Tage zu erörtern und einen gemeinsamen Blick in die Zukunft zu werfen. So auch an diesem Abend.

„Ich habe mich noch gar nicht für deine Initiative bedankt, Clark und die anderen einzuladen. Es ist im Sinne Andikans, sich in solcher Runde zu treffen und die Optionen zu diskutieren. Meine Zweifel dazu waren unbegründet. Ich fühle, dass das die Gemeinschaft stärkt, denn die Karten liegen auf dem Tisch… ich denke, sobald morgen alle zurückkehren, werden wir entscheiden, was unsere nächsten Schritte sind.“ Die Prinzessin erwiederte in ruhigen Worten ihre Zustimmung und nam auch den nächsten Gesprächsfaden auf: „Um die Sicherheit von Lance solltest Du Dir einstweilen keine Sorgen machen. Sollten sich Anzeichen ergeben, dass die Villa angegriffen wird, habe ich Möglichkeiten, mich mit ihr an andere Orte zurückzuziehen.“

Positives letzte Frage im Rahmen der nächtlichen Unterredung war: „Was denkst Du: ist es Zeit für uns beide, zusammen das Sandorakel zu besuchen? Bist Du überhaupt je dort gewesen?“

Doch mit dieser leise gestellten, letzten Frage lies sie ihn alleine, hatte längst ihre Augen geschlossen und war wohl eingeschlafen…

Chemin vers l’oracle

Die Lawine ist fast zum stehen gekommen, wollen wir also sehen, wie sich die neue Lage darstellt?“

Während er die Kaffeemaschine befüllt, führt Régicide ein Gespräch weiter, das er mit seinem Team vor nun schon mehreren Wochen begonnen hat, gerade so, als wäre zwischenzeitlich keine Sonnensturm passiert oder man wäre nie in London gewesen! Oder vielleicht gerades deswegen?
Anstatt zum Erliegen zu kommen, hatte die metaphorische Lawine noch viel mehr Fahrt aufgenommene, viel mehr Material ins Rutschen gebracht und noch weitreichendere Folgen gehabt, als man sich damals hätte vorstellen können:

Ich hatte ja schon gesagt, dass ich zum Sandorakel reisen will, einigen von euch werden mich doch sicherlich begleiten, oder? Ich persönlich erhoffe mir davon eine ähnlich Erfahrung wie beim letzten Mal. Das Orakel hat uns vor Augen geführt, was wir getan haben, wie wir uns entschieden haben und welche Folgen sich daraus ergeben haben. Damals hat es mir gezeigt, dass wir, bei aller Unsicherheit, einem Pfad gefolgt sind, der vielleicht nicht der Klügste, Beste oder Einfachste war… aber der Richtige.
Und es hat uns einen Hinweis darauf gegeben, was wir tun sollen, auch wenn der Pfotenabdruck im Sand nichts anderes war als die Bestätigung einer Entscheidung, die ich sowieso schon getroffen hatte. Seid dem wir erfahren hatten, das die Sprengung des Staudammes nur dem Zweck diente, Löwe zu töten, war ich sicher, dass wir ihn suchen müssen.
Ich bin mir diesmal auch sicher, wen ich suche, wen ich finden will und finden muss, aber was ich nicht weiß, welcher Pfad der Richtige für mich ist. Das Orakel hat mir schon einmal geholfen, meinen Pfad auszuwählen, ich hoffe darauf, dass es mir nun eine weiteres Mal helfen kann!“

Er füllt den frisch aufgebrühten Kaffee in die verbeulte Thermoskanne und verschließt den Deckel. Dabei streicht er über die immer noch gut sichtbare Blutspur, die Hillers Hand hinterlassen hat. Dann wandert die Kanne in seinen mittlerweile sehr abgewetzte Ausrüstungstasche. Hénora imitiert ihren Vater, FrizziDizzy Limoflasche und Hello Kitty Rucksack, ihrer Haare in den selben Zöpfen wie Zoe, inklusive Pilotenbrille. Mit Tasche in der Hand und Tochter auf dem Arm wendet sich der Cpt. zum gehen:

„LT-1 hebt in 15min ab, wer also mitkommen will…“

Die Geschichte von der Eidgöttin und dem Leibgardisten

Es war einmal ein König von Assur, der die gesamte bekannte Welt unterworfen hatte, von Babylon bis zur Taklamatan, bis zum alten Reich der Königin Saba. Um alle an sich zu binden, ließ er aus dem Feuer Eidgötter hervorspringen, die er an die Höfe seiner Vasallen sandte. Dort mussten sie unerschütterliche Treue schwören, mit ihrem Blut besiegelt. Die Eidgötter waren die Zeugen dieser Eide.

Die zahlreichen Eidgötter zogen bald durch alle Königreiche und besiegelten dort Verträge, Ehen und Gelübde. Und sie fanden Gefallen an der Art der Menschen zu leben. Sie fanden Gefallen an der Schaffenskraft und Lebendigkeit der Menschen. Und an ihrem tragischen Werden und Vergehen. Und an der Macht über sie.

Einige der Eidgötter begannen unglücklich zu werden und sich gegen die Fesseln des Königs von Assur zu wenden. Eine der Eidgöttinnen war besonders energisch in diesem Verlangen. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den König zu erweichen und ihm einen Wunsch abzuringen. Von ihm, dem Unbarmherzigen, der nur Befehle gab und seinen Eidgöttern keine Wünsche gewährte. Selbst seine geringsten der menschlichen Untertanen konnten dagegen mehr Hoffnung auf seine Gunst hegen.

Die anderen Eidgötter meinten, es sei die Anstrengung und Qual nicht wert, sich dergestalt in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen, aber je mehr die Jahrzehnte verstrichen, desto mehr wuchs in der einen Eidgöttin der Groll gegen Assur, der die Schönheit der Flammen in den Augen seiner Eidgötter nicht sah und sie nur wie ein Werkzeug seiner Schreckensherrschaft benutzte.

Nun hatte der König freilich auch menschliche Diener. Und darunter eine treu ergebene Leibgarde von Kriegern und Magiermogulen. Ein großer Zwist herrschte zwischen den Eidgöttern und diesen Mogulen, denn sie misstrauten einander, beneideten sich, und buhlten um die Gunst des Assur. Der König nahm nur solche Menschen in die Garde auf, die ihren rechten Arm eine Sanduhr lang in glühenden Kohlen vergruben ohne eine Träne zu vergießen oder einen Schrei hören zu lassen. Dies galt ihm als Prüfung und Beweis, dass seine Garde gegen seine Eidgötter sehr wohl gewappnet war und den Bedrohungen des Feuers widerstehen konnten.

Unter der Magiergarde war nun einer, der dem Assur am liebsten war. Er war der tapferste und mutigste und am geschicktesten mit dem Schwert und der magischen Kunst. Aber er verbarg in sich auch etwas sehr Gefährliches. Er sah das Menschliche in allen Dingen, und er hatte einen Sinn für die Ungerechtigkeit des Königs, die er tief in sich versteckte um nicht den Zorn des Königs auf sich zu ziehen.

Die Eidgöttin kam heimlich zu diesem Gardisten und er hatte den Mut ihr zuzuhören. Und er verstand das Unrecht ihrer Knechtschaft. Und er sah ihre Schönheit an Geist und Gestalt. So schlossen sie einen Pakt: Die Eidgöttin würde dem Gardisten helfen in all seinen Kämpfen, bis er der größte und geachtetste in der Garde wäre. Sie würde ihn schützen und lehren. Er sollte der Liebste und Höchste des Assur werden. Um dann, am Ende der Tage, sich die Freiheit der Eidgöttin zu wünschen.

Und nachdem weitere Jahrzehnte vergangen waren, war der Gardist der größte Krieger des Reiches, weithin bekannt und gefürchtet und besungen. Und wie es üblich und besiegelt war, beschenkte er den Gardisten am Ende seiner Laufbahn mit Land und Titeln und, da er mit der heimlichen Hilfe der Eidgöttin der vorzüglichste und bekannteste aller Gardisten geworden war, erhielt er zudem einen Wunsch. Und er wünschte sich die Eidgöttin frei von der Knechtschaft des Assur.

Der Wunsch aber, war verräterisch, denn Assur durchschaute mit seiner Klugheit sofort, dass hier eine der Eidgötter den Leibgardisten verzaubert und gebunden haben musste. Und wie hätte er diesen Wunsch hegen können, wenn es nicht eine verbotene Nähe zwischen beiden gegeben hätte?

Assur, der Mächtige, erhob sich in seiner Rüstung vom Thron, die 400 Steine schwer war, und er nahm zwei Lanzen, jede 16 Fuß lang. Und wie es ihm zu eigen war, zielte er auf beide Verschwörer in einem Zug. Eine Lanze erhob sich gegen den unverschämten Gardisten zum Wurf, die andere gegen die Eidgöttin, die sich unter den Hofbeamten heimlich bewegte und erschrak.

Der Gardist sah das Verhängnis in den Augen des Assur gespiegelt. Mit dem linken Auge zielte er auf die Eidgöttin, mit dem rechten Auge fasste er den Gardisten fest in den Blick. Der zynische Assur brüllte: „Wunsch gewährt!“ und spannte die Arme zum Wurf. Der Gardist hatte nichts als den Tod zu erwarten. All seine Rüstung, seine Zauber und Waffen hatte er bereits abgelegt. Nur eine handvoll Sand und Asche verblieben ihm in der Tasche. Genug um ein Auge des Assur zu blenden. Er blendete das linke, dann durchbohrte ihn des Assurs Speer und schleuderte ihn zu Boden.

Der zweite Speer aber, verfehlte die Eidgöttin, da des Assurs linkes Auge vom Staub und Sand gereizt war. Und der Wimpernschlag genügte, dass der gewährte Wunsch sich erfüllen konnte. Die Eidgöttin verschwand in der Feuerschale, aus der sie einst gesprungen war. Doch bevor sie die Flammen umschloss, zog sie den tötlich verwundeten Gardisten mit hinein. Die Eidgöttin war die erste, die dem Assur entkam und das Feuer aus seiner Gewalt befreite, aber sie sollte nicht die letzte gewesen sein. Und man sagt sich, dass man sie und auch den tapferen Gardisten in einem guten Feuer sehen kann, wie auch sie dann zurückblicken und manchmal sogar heraustreten, um ihre Geschichte denen, die am Feuer sitzen, zu erzählen. Und seitdem opfern die Menschen also Gaben im Feuer, auch ohne des Königs Willen und Wissen. Denn die Kraft der Eide ist nun frei von des Königs Willkür.

Zeit dehnt sich…

Unverhofft und doch vorhersehbar war es wieder soweit. Der kleine Metallzylinder hatte kaum seine Flugbahn zwischen Beinen und Pfoten beendet und würde gleich seinen Inhalt über die Umstehenden verteilen, da dehnten sich die Sekunden, befeuert durch einschießendes Adrenalin und pulsierende neuronale Mensch-Maschine-Verbindungen.

Im Moment des Zurückweichens von der Glastüre fingen sich die Blicke von Positive und Regicide. Die Verständigung in diesen Momenten spiegelte die vielen Jahre, die die SFG 77 Seite an Seite verbracht hatte. Beiden war klar, dass es für den Moment nur eine Richtung gab. Lass dem Gift seine Zeit, dann schlag zu. Die Entscheidung zum Zugriff war getroffen worden, auch wenn die Vorzeichen vielleicht nicht günstig standen. Ork und Gnom würden ihren Teil übernehmen.

Aber im selben Moment war auch klar, dass es hier nicht bis zum Äußersten gehen musste, wenn es die Situation ergab. Lance konnte hier nicht bleiben, der Trupp war also gezwungen, irgendwann das Hotel zu verlassen, wenn nötig mit etwas Nachdruck durch Offizielle.

Aber soweit war es noch nicht. Kaum in Deckung erbat Positive die Unterstützung der Geister…

Répondre à Rikdard

„Rikard, du alter Rentiertreiber, ein verdammtes Ping! Spring bloß nicht über Backbord, das geht fast 30m runter… ins Eiswasser! Wir haben die ganzen alten Freunde eingeladen, und die Bude vom Göttergatten belagert, wäre schön wenn du auch aufschlägst! Leider musst du da hin wo du nie mehr hin wolltest, aber was soll man machen…“

Veronica El-Hamrads Antwort an Zoé

Veronica El-Hamrad

Die private Trix-Verbindung erreicht Veronica El-Hamrad auf dem Weg durch den Londoner Smog und Pendlerverkehr. Sie sitzt in einem geschmeidigen Taxi, das autonom gesteuert durch das geordnete Gridlink-Chaos schwebt. Es regnet gerade in Strömen, als Zoé und Veronica miteinander sprechen.

„Alhamdulillah, Zoé! Das ist ja unglaublich. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich überhaubt nochmal von Dir höre!“

Veronica war schon immer sehr resolut. Es scheint sie gar nicht zu kümmern, dass ihre Freundin grade auf der Fahndungsliste steht und in Attentate verwickelt sein könnte. Denn Veroinca weiß durchaus ein wenig bescheid über die aktuelle Lage:

„Das Londoner Büro ist voll involviert, naja, soweit man das sagen kann. Das Attentat hält einige auf Trab. Das Services Department arbeitet eng mit dem Internal Audit zusammen, um Zeugenaussagen für das Attentat aufzunehmen und Beweise zu ordnen.“

Nachdem sie dann Zoés weiterem Bericht gelauscht hat, platzt es aus Veronica heraus:

„Zoé, die Sachlage ist doch ganz anders, mit Kara Lance! Ich glaube Du bist da nicht auf dem Laufenden! Kara Lance ist die Hauptbelastungszeugin gegen die SFG 77. Seit sie hier in London ist, also seit mehreren Wochen schon, hat sie Stunden mit der Ermittlungsgruppe und Innenrevision zugebracht und Zeugenaussagen zu Protokoll gegeben! Sie hat einen Deal gemacht: Kronzeugin gegen die SFG 77, dafür Abfindung und Ausscheiden aus dem Dienst!“

Es scheint, als tut es Veronica gut, die Sache irgendjemandem mal erzählen zu können. Sie plappert energisch weiter:

„Zuerst kam Kara Lance nach London, damit sie besser beschützt werden kann. Sie war in einem Safe House der AIM. Dann wurde langsam klar, dass sie eine Schlüsselzeugin ist und Lambert und die Innenrevision haben einen Deal mit ihr ausgehandelt. So kommt mir das jedenfalls vor.“

„Ich meine, ich bin nicht Teil der Untersuchung, aber ich habe so einiges aufgeschnappt bei uns im Büro. Genral Lambert war auch einige Male hier und hat Lance persönlich befragt. Der Abschussbefehl gegen euer Flugzeug kam auf die dringliche Aussage von Lance hin, dass sie zur illegalen Erwirkung der Starterlaubnis gezwungen wurde und an Bord des Fluchtfahrzeugs nicht nur die geheime Tarnkappentechnik sei, sondern auch Gefechtsköpfe. Sie hat auch en detail Aussagen zu Protokoll gegeben, die vergangene Einsätze betreffen und die Uzun diskreditieren und die SFG 77 mit illegalem Verhalten in Verbindung bringen sollen!“

Veronica versucht ihre wilde Mähne zu bändigen:

„Zoé, die ist nicht Deine Freundin, es sei denn, ihr habt das so abgesprochen. Was echt bescheuert wäre… Die ist euer Sargnagel! Sie belastet die SFG 77 als Terroristen mit Agenda gegen AIM, die sich zudem nach China und sonstwo hin verkauft haben soll. Und ehrlich, das ist nur die Spitze des Eisbergs, von der ich was mitbekommen habe. So wie ich das sehe, kann General Lambert gar nicht anders, als hart gegen euch vorzugehen. Ich meine, Lance ist nicht die einzige Zeugin, aber sie ist DIE Zeugin. Sie wurde wie eine VIP behandelt, mit Bodyguards, Safe House und allem.“

„Seit zwei Tagen ist Lance jetzt privat untergekommen und hat Sicherheitspersonal von AIM für das Hotel abgelehnt, in das sie umgezogen ist. Sie hat scheinbar eigene Sicherheitsleute engagiert. Das kommt allen etwas komisch vor, aber Lambert und die Innenrevision haben was sie wollten, glaube ich. Lance wartet jetzt nur noch auf die Abwicklung ihrer Abfindung und Grünes Licht vom Internal Audit. Dann wird sie London wahrscheinlich verlassen und untertauchen.“

Dann geht Veronica auch auf die Frage nach General Lambert ein:

„Naja, Zoé, General Lamberts Abschussliste, was soll ich da sagen? Er hat sich im CCOM durchgesetzt, das Attentat gegen Uzun aufzuklären und gleichzeitig die Konsequenzen zu ziehen, damit sowas nicht mehr geschehen kann. Also ist er Teil der Ermittlung, aber eben auch Leiter einer Krisengruppe, die Finistère sicherer machen soll. Es gab auch bereits einige Verhaftungen unter AIM-Personal in Finistère kurz nach dem Attentat. Dieser Schütze aus dem Video, das eure Anwälte geschickt haben, der wurde wohl inhaftiert zum Beispiel.“

„Warum Lambert mit Uzun im Krieg lag? Ihm galt von Anfang an Uzun als zu japanisch in seiner taktischen und strategischen Doktrin für Sondereinsätze. In fast jeder Stufe seines Werdegangs musste sich Uzun gegen Konservative durchsetzen. Lambert war stets der Auffassung, dass AIM sich nicht an klassischen Eingreiftruppen der Konzern- oder Schattenwelt orientieren sollte. Er war strikt gegen eine Rekrutierung zivilen Personals. Seine eigenen Konzepte für AIM sahen eine erneuerte, grundständige Militärausbildung vor. Damit ist Lambert aber im Großen und Ganzen bei den Entscheidern auch gescheitert. Oftmals konkurrierte Lambert direkt mit Uzun um Geldtöpfe im CCOM. Außerdem war Uzun ja nur Captain und Major, hat aber immer sehr viel Freiraum von der Firmenleitung gehabt. Das hat Lambert auch immer als Verstoß gegen die Kommandostruktur kritisiert.“

Ich meine, dass Lambert Uzun nicht ausstehen konnte ist eine Sache. Aber noch mehr kocht Lambert, weil Uzun sich ‚hat in die Luft sprengen lassen, im Herzen der AIM‘. Für den General passt das alles wie die Faust aufs Auge. Ein logisches Versagen auf ganzer Linie und so. Irgendwie respektlos, wenn man bedenkt, dass Uzun für AIM gelebt hat. Es gab keinen einzigen Verwandten auf der Beerdigung… Aber immerhin lässt Lambert keinen Stein auf dem anderen, um Uzuns Tod aufzuklären, da sind sich alle einig.“

Veronica wird stiller und muss schwer schlucken, als man dann auf Fink zu sprechen kommt:

„Das, Fink… also, ich kannte ihn ganz gut. Er war Verwaltungsangestellter. Einer der nettesten Kerle bei AIM, die ich kenne… kannte. Ich habe das Video nicht gesehen, aber es soll im Eingang eines AIM-Gebäudes von einer Überwachungskamera aufgenommen worden sein, kaum zwei Stunden nach Uzuns Tod. Sinngeäß hat er wohl gesagt, dass er die Beteiligung an Uzuns Tod bereut, aber von der SFG 77 erpresst wurde. Man sieht wohl Lance, die beschwichtigend auf ihn einwirkt und einredet, bevor er sich mit seiner eigenen Waffe erschießt.“

Veronicas Augen werden glasig und sie ringt ein wenig mit den Tränen. Scheinbar setzt ihr die ganze Situation doch etwas zu, als hätte es sie tiefer erschüttert als man zuerst denkt.

„Zoé, irgendwas sagt mir, dass ihr das nicht gewesen sein könnt, mit dem Attentat. Das ist nicht AIM. Das macht so überhaupt keinen Sinn. Aber ich kenne ja Deine Kameraden nicht wirklich. Sag mir einfach, dass Du an dieser ganzen Sache einfach keinen Anteil hast, ja?“

„Und was Lance angeht: Ich kann mit ihr nicht reden. Sie sitzt in ihrem Hotel aber außer der Chefetage kommt keiner an sie ran. Ich habe keine Kontaktmöglichkeit. Ich will auch gar nicht. Die ganze Sache macht mir ohnehin schon Magenkrämpfe und ich will kein Risiko eingehen. Wenn Du sie sprechen willst, dann kann ich Dir den Namen des Hotels geben, in dem sie nun unterkommt. Aber dann solltest Du Dich jedenfalls beeilen. Das sieht alles so aus, als wenn sie kurz davor ist unterzutauchen und der AIM für alle Zeiten lebewohl zu sagen. Und Du solltest Dir im Klaren darüber sein, dass Lance Dich wahrscheinlich meiden wird wie der Schnee das Feuer.“

Zu Norges Zusatzvertrag Future Soldier 2080 kann Veroinica zuerst nichts sagen. Auch am Folgetag lässt sie Zoé wissen, dass Norge halt einfach unterschrieben hat für das Sonderprogramm. Es gibt bisher nicht viele Probanden, weil es noch in der Entwicklungsphase ist. Scheint alles seine Richtigkeit zu haben.

Kontakt nach London

Zoe wendet sich über den üblichen verschlüsselten Kanal an ihre gute Bekannte Veronica El-Hamrad.

„Veronica, ich brauche deine Hilfe. Du weißt, wie ich zu hinterhältigem Mord stehe. Uzun war für mich mehr als nur ein Vorgesetzter. Er war Teil der Familie, die ich bei AIM gefunden habe. Jemand wollte nicht nur ihn, sondern vermutlich die ganze SFG 77 für immer aus dem Verkehr ziehen. Ich brauche gerade deine Augen und Ohren. Wir stehen auf General Lamberts Abschussliste und wer weiß auf wessen noch. Wir fragen uns, was seine Agenda ist und warum Uzun ihm so ein Dorn im Auge war? Ihm muss klar sein, dass wir das mit dem Anschlag nicht waren. Was kann sein Ziel über die Auflösung der SFG 77 hinaus sein? 

Irgend jemand bei AIM hat gerade sehr schmutzige Finger und wir brauchen alles, was uns da in eine konkrete Richtung zeigen kann. Weißt du, wer den Befehl gegeben hat, uns zum Abschuss freizugeben? Wir hatten eine offizielle Starterlaubnis und keine gegenteiligen offiziellen Befehle. Was genau ist an dem Tag des Anschlags sonst passiert? Beinahe hätte es nicht nur Uzun erwischt, sondern auch unseren Kameraden Norge, während er sich in der Obhut des Krankenhauses befand. Den Anschlag auf ihn konnten wir gerade noch vereiteln. Sein Zimmer war überwacht, von wem wissen wir nicht und der Angreifer wusste genau, in welchem Winkel er sich bewegen musste. Irgend jemand muss dazu die Befehle gegeben haben. Und unter uns, er ist Teil eines Klon-Programms zur Wiederherstellung von Gliedmaßen, für das er nie unterschrieben hat. Kam irgend etwas aus dem Medicine & Health Department über deinen Tisch, das dir diesbezüglich komisch vorkommt?

Ich habe gehört, dass Fink uns belastet haben soll und sich dann vor laufender Kamera selbst hingerichtet hat. Ist das wirklich passiert, hast du diese Aufnahme jemals gesehen? Wer hat das mit der Aufnahme, so es sie denn gibt, initiiert und wer hat ihn so unter Druck gesetzt, dass er nur noch diesen Ausweg gesehen hat? Lance soll versucht haben, ihn aufzuhalten. Wie geht es ihr? Ich schulde ihr einen großen Gefallen und würde gerne mein Möglichstes tun, sie in der aktuellen Lage zu unterstützen. Sag ihr, dass sie nicht vergessen wurde und wir ihr einen Anwalt zur Seite stellen werden! Sie soll sich darauf berufen, dass sie nach direktem Befehl des Captain gehandelt hat. Und frag sie bitte, wenn es dir irgendwie möglich ist, wem sie unsere Aufnahmen gegeben hat. Wir haben ihr die Beweise für den Anschlag gegenüber des Kameraden überlassen, mit der Bitte das intern publik zu machen.

Ich weiß, das sind viele Fragen und ich brauche alle Antworten, die du nur geben kannst. Erklärungen bekommst du alle von meiner Seite, sobald wir hoffentlich in ruhigeren Zeiten wieder bei einem Cocktail zusammen sitzen.“

Zoe hofft sehr, dass es bald auch ein persönliches Gespräch mit Lance geben wird. Sie will mit ihr mal über ihren Männergeschmack sprechen und fragen, ob sie die letzten Jahre nicht vergessen hat, etwas zu erwähnen…

Hillers Vermächtnis an Zoé

Es dauerte einige Tage, bis die Westhouse-Rechtsanwaltskanzlei für 3.800 Nuyen die Überführung des Nachlasses von Collette Hiller an Zoé Miller sicher bewerkstelligt hatte. Die Verschleierung des Weges nach Dahomey verschlang auch nochmal etwas Zeit. Letztendlich hält Zoé einen schmucklosen Briefumschlag in der Hand, der aus der viel zu großen Dokumentenmappe der Anwaltskanzlei purzelt. Darin befindet sich eine in die Jahre gekommene, abgewetzte Fotografie.

Hillers Nachlass. Auf der Rückseite stehen die handschriftlichen Worte „Semper Fidelis“ mit einem Filzstift geschrieben.

Es handelt sich um die Aufnahme einer militärischen Einheit, offenbar in einer heißen und trockenen Region der Welt. Sie zeigt sieben Soldaten, darunter Collette Hiller. Sie lehnt lässig gegen die Schnauze eines Schwenkflügelflugzeugs, die ins Bild hinein ragt. Die vollverspiegelte Pilotenbrille – Hillers Markenzeichen – lässt keine Zweifel daran, dass sie die Pilotin des Vehikels ist. Ihre Abzeichen weisen sie als Chief Warrant Officer und Heeresfliegerin aus.

Zoé muss vielleicht schmunzeln: Coolness ging Hiller schon über alles, bis zuletzt! Aber Moment, das ist kein Bild von der AIM. Auf dem Dropship steht „3. RGT IMA Army (Airborne) 11. Urban Brigade“. Es ist eine Aufnahme aus Zeiten als AIM noch die IMA war.

Zoé ist angefixt und nimmt eine Lupe zur Hand (oder direkt Copper als lebendes Vergrößerungsglas?). Sie geht die anderen Personen auf dem Bild durch:

Ein grimmig dreinblickender Amerikaner, wahrscheinlich Südstaatler. Er hält locker ein Scharfschützengewehr auf der Hütze aufgestützt. Auf seiner Brust ist der Name „F. Horrigan“ aufgenäht. Er raucht Zigarre.

Zwischen Horrigan und Hiller steht ein schwarzhaariger Europäer mit einer französischen, roten Baskenmütze. Mit einer Hand auf Hillers Schulter, stemmt er mit der anderen ein Maschinengewehr. Der Soldat heißt „F. Walker“ und bekleidet den Rang eines Specialist (SPC).

Neben dem Franzosen steht ein grobschlächtiger Kerl mit russischem Einschlag, ein Corporal. Er schaut grade zur Seite, als das Bild gemacht wurde, als habe er den Auslöser verpasst. Der Mann heißt laut Aufnäher „N. Terminow“.

Vorne knieht dann ein derber Ork mit ausgefahrenen Cyber-Sporen am Unterarm. Ein Sergeant der Fallschirmjäger mit dem Namen „K. Brauer“. Er streckt die Zunge raus, was eher blutrünstig wirkt.

Somit ist Zoé am anderen Rand des Bildes angekommen. Dort sind zwei Personen, die sehr eng beieinander stehen. Der eine ist ein Lieutenant Colonel (LTC) und damit der einzige Offizier der Gruppe. Er trägt seine schwarzen Haare ordentlich frisiert und hält eng an sich gepresst eine lachende Blondine, die dem LTC scheinbar mit einer Hand grade an das Hinterteil greift. Die andere Hand ruht auf der Schulter des LTC. Sie hat auch ihren Kopf auf der Schulter des Mannes abgelegt. Die beiden scheinen ziemlich zwanglos miteinander zu sein und sehen grinsend in die Kamera.

Die lachende Frau ist unverkennbar SPC Kara Lance – ja, genau die Kara Lance, die die SFG 77 seit vielen Jahren eng begleitet hat. Ihren Abzeichen nach ist sie auf dem Bild Teil der IMA Luftwaffe und passt damit nicht so ganz zum Rest der Truppe, die alle Teil der Infanterie sind. Wenn man sehr genau das Bild studiert, kann man erkennen, dass im Hintergrund Krücken liegen. Kara Lance belastet auch nur eines ihrer Beine.

Der LTC, der hart mit Kara Lance flirtet, trägt als Namensabzeichen „Owen“ auf der Brust. Ein Lieutenant Colonel der 11. Urbanen Brigaden der IMA. Sein Gesicht stimmt unfraglich mit dem Portrait des gesuchten Kriegsverbrechers Richard Owen überein…

Es fällt Zoé nicht schwer herauszufinden, dass das Foto um 2061 entstanden sein muss, kurz vor dem Untergang der IMA. Hiller und Lance stehen auf dem Bild an zwei verschiedenen Ecken, aber beide Frauen scheint doch etwas zu verbinden. Lance trägt das Abzeichen einer Kampfpilotin, was aber bei ihrem Rang als Specialist überhaupt keinen Sinn ergibt. Zudem hat Lance die selbe Pilotenbrille wie Hiller, nur nicht auf der Nase, sondern in der Hand, die Owen auf der Schulter liegt.

Auf der Rückseite der Fotografie hat eine geschwungene Handschrift „Semper Fidelis“ geschrieben – „Für immer treu“. Der Satz ist ebenso schwungvoll unterstrichen.

Zoé versucht sich zu erinnern. Es gab einmal ein kurzes aber seltsames Gespräch, dass sie mit Hiller geführt hatte. Es ging um die Jagd nach Richard Owen, die von der SFG 77 damals vorangetrieben wurde. Hiller, die damals, es muss Anfang oder Mitte 2072 gewesen sein, noch im Bereitschaftspool bei AIM gewesen war, und nicht unter regulärem Vertrag stand, hatte abfällig vom dreckigen Ende der IMA erzählt und schien mit diesem Teil ihres Lebens abgeschlossenen zu haben. Von Richard Owen wusste sie nichts – sagte sie damals. Sie hatte aber auch irgendetwas Kryptisches gesagt, das Zoé damals nicht so recht verstanden hatte. In etwa: „Am Ende ist eh alles scheissegal gewesen. Ränge, Vorgesetzte, Aufträge… Und ehrlich, nur Rigger verstehen Rigger. Kameradschaft kann man sich nicht aussuchen.“